Bundesregierung verschärft Sexualstrafrecht
von Marco
21. Juni 2008: Nach teils sehr heftigen Debatten hat der Deutsche Bundestag gestern die lange geplanten Verschärfungen im Sexualstrafrecht verabschiedet. Ausführliche Hintergrundinformationen gibt es direkt beim Deutschen Bundestag:
Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsauschusses
Auch wenn einige Pädophile bereits zu zittern anfangen, habe ich persönlich kein Problem mit dieser Gesetzesverschärfung. Dennoch stehe ich ihr (wie bereits ausführlich erörtert) sehr zwiespältig gegenüber. Ich unterstütze es, dass man mit der Verschärfung des § 182 verstärkt gegen die Jugendprostitution vorgehen will. Dass man mit dem § 184c einen völlig neuen Straftatbestand (Jugendpornographie) kreirt hat, den es nie zuvor gab, halte ich dagegen für übertrieben.
Man darf auch nicht vergessen, dass sich ein so neuer Rechtsbegriff in der Praxis erst einpendeln muss. Unzählige Fragen werden sich auftun, bevor die Strafrechtsexperten sich einig sein werden, wie der Begriff der Jugendpornographie auszulegen und welcher Strafrahmen für welche Fällen angemessen ist. Hier werden auch die Spitzfindigkeiten der Rechtsanwälte gefragt sein, die sich über mangelnde Arbeit bestimmt nicht beklagen können. Bei so vielen Reibungsverlusten könnte man auf anderen Ebenen (z. B. durch mehr Jugendsozialarbeit) mit Sicherheit mehr erreichen, um Jugendliche besser zu schützen. Außerdem störe ich mich an der höchst scheinheiligen Berufung auf die UN-Kinderrechtskonvention, für deren Vorgaben man sich in anderen Bereichen des Lebens herzlich wenig interessiert.
Ich bin aber froh, dass die Gesetzesänderungen im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf wieder entschärft worden sind, insbesondere im Hinblick auf das Täteralter. Hierzu habe ich vor kurzem bereits eine ausführliche Stellungnahme verfasst:
Bundesregierung legt neuen Gesetztesentwurf vor
Bei allen Problemen, die das neu gefasste Gesetz mit sich bringen kann, hat die ganze Sache aber vielleicht auch ihr Gutes, denn die Ansprüche der UN-Kinderrechtskonvention sind hoch. Wer sich auf darauf beruft, muss sich an diesen hohen Ansprüchen messen lassen, und zwar durchgängig. Die entscheidende Frage ist deshalb: Wird man die oftmals unbequemen Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention in anderen Bereichen genauso zügig umsetzen wie im Sexualstrafrecht?
Wie steht es z. B. mit den so existenziell wichtigen Rechten auf Gesundheit und den Schutz vor Gewalt, vor Misshandlung und Vernachlässigung? Oder um die politische Mitbestimmung von Kindern, um die Berücksichtigung ihrer Meinung und ihrer Bedürfnisse? Oder um die scheinbar so selbstverständlichen Rechte auf Bildung und soziale Sicherheit? Werden wir hier demnächst auch mit den so dringend notwendigen Gesetztesverbesserungen zu rechnen haben? Die Zukunft wird zeigen, ob es der Bundesregierung wirklich um die UN-Kinderrechtskonvention (und damit um das Wohl der Kinder) geht, oder ob die Konvention nur als willkommene Rechtfertigung herhalten musste für Alibi-Maßnahmen, die an den wirklichen Problemen der Jugend völlig vorbei gehen.