Montag, 22.10.2018

Bundesregierung legt neuen Gesetzesentwurf vor


von Marco

17. Mai 2008: Im Oktober letzten Jahres berichtete ich ausführlich über die Entwürfe der Bundesregierung zur geplanten Verschärfung des Sexualstrafrechts:

Zur Bewertung der Jugendpornographie

Sowohl der § 182 Abs. 1 (Sexueller Missbrauch Jugendlicher) als auch der § 184b (Kinderpornographie) sollten in ihrem Strafbereich deutlich erweitert werden. Diese Pläne waren von Anfang an heftig umstrittenen und führten zu scharfen Debatten zwischen Regierung und Opposition. Auch aus Kreisen von Fachleuten (z. B. Juristen und Soziologen) kam es zu massivem Protest: Der Gesetzesentwurf bedeute keine Verbesserung des Jugendschutzes, sondern würde die Jugendlichen nur selbst ins Visier der Justiz geraten lassen, wenn sie altersgemäße Erfahrungen mit Gleichaltrigen suchen. Wie die „Welt Online“ meldet, hat man diesen strittigen Gesetzesentwurf jetzt noch einmal überarbeitet:

Regierung entschärft Pläne für Sexualstrafrecht

Demnach gibt es gegenüber den ursprünglichen Plänen jetzt einige Korrekturen. Im § 182 Abs. 1 soll das Schutzalter für den sexuellen Missbrauchs durch Ausnutzung einer Zwangslage (z. B. bei der Jugendprostitution) immer noch von 16 auf 18 Jahre heraufgesetzt werden. Dafür wurde aber darauf verzichtet, das Täteralter von 18 auf 14 Jahre abzusenken. Das heißt, ein über 18-Jähriger könnte zukünftig belangt werden, wenn er einen unter 18-Jährigen z. B. durch Einladungen oder Geschenke zu sexuellen Handlungen bewegt. Wer aber selbst noch keine 18 ist, würde sich nicht strafbar machen, wenn er einen Gleichaltrigen auf diese Weise zu beeinflussen versucht. Hinsichtlich des § 184 soll nun stärker zwischen Kinderpornographie und Jugendpornographie unterschieden werden Hier sind jetzt unterschiedliche Strafrahmen vorgesehen; je nachdem, ob es sich um Aufnahmen von unter 14-Jährigen oder unter 18-Jährigen handelt.

Ich begrüße es sehr, dass die Bundesregierung ihren rigorosen Gesetzesentwurf nach intensiven Debatten noch einmal überarbeitet hat. In der jetzigen Fassung ist er schon sehr viel eher annehmbar als noch vor einigen Monaten. Bleibt abzuwarten, ob er so auch umgesetzt wird. Auf jeden Fall bin ich erleichtert, dass das Strafbarkeitsalter beim § 182 nun doch nicht (wie ursprünglich angedacht) auf 14 Jahre abgesenkt werden soll, denn damit hätte sich das Gesetz am Ende gegen die Jugendlichen selbst gerichtet, was wohl niemand ernsthaft gewollt hätte. Zu begrüßen ist auch, dass kinderpornographische und jugendpornographische Aufnahmen im § 184b nicht mehr miteinander gleichgestellt werden sollen, denn diese Gleichstellung hätte weit reichende Folgen gehabt. Fotografische Aufnahmen, die eine 17-Jährige in aufreizender Pose zeigen, hätten strafrechtlich genauso bewertet werden müssen, als handele es sich um Bilddokumente, die den sexuellen Missbrauch eines kleinen Kindes festhalten. Der Kampf gegen die wirkliche Kinderpornographie wäre geschwächt worden zugunsten eines prüden Moralismus, wie er vielleicht ins vorige Jahrhundert gepasst hätte.

Trotzdem bin ich mir immer noch nicht sicher, ob es notwendig und sinnvoll ist, die Jugendpornographie von 14 – 17-Jährigen überhaupt unter Strafe zu stellen. Bei 14- und 15-Jährigen ist sicher noch eine gewisse Schutzbedürftigkeit gegeben, aber bei 16- und 17-Jährigen handelt es sich nicht mehr um schutzbedürftige kleine Kinder, sondern um junge Frauen und Männer, die dem Erwachsenen schon fast ebenbürtig sind. Zum Anderen würde eine Verschärfung des § 184 § nur die bestehenden Inkonsistenzen verstärken, die es ohnehin schon im deutschen Sexualstrafrecht gibt. Es ist mehr als grotesk, wenn eine 16-Jährige ihren Erwachsenen Partner zwar heiraten darf, aber sich nackt von ihm fotografieren lassen, das darf sie dann nicht mehr. Das Sexualstrafrecht als Ganzes ist in sich nicht schlüssig. Bis heute vermisse ich eine klare Stellungnahme, ob man 14 -17-Jährige für reif genug hält, über ihre Sexualität selbstverantwortlich zu entscheiden oder nicht. Solange diese grundsätzliche Frage nicht geklärt ist, kann und muss die Debatte weitergehen!

aktualisiert: 30.04.2011