Montag, 22.10.2018

Schwerpunkt Impulskontrolle

 

In den Medien und in privaten Unterhaltungen ist gern von Triebtätern die Rede. Von Menschen, die ihre „Triebe“ nicht im Griff haben. Andererseits spricht man auch bei normal ausgeprägter Sexualität oft von irgendwie unbeherrschbaren Trieben, vor denen man sich vorsehen muss, wenn man nicht von ihnen kontrolliert werden will. Die Formulierung ist bewusst so schwammig gewählt, weil viele Menschen kein klares Bild davon haben, was diese „Triebe“ eigentlich ausmacht und welche Macht sie tatsächlich im Leben eines jeden Menschen haben. Wie oft wird für einen Seitensprung die Ausrede bemüht: „Na ich bin eben ein Mann, ich kann nicht anders.“? Oder wenn Pornografiekonsum eine Ehe belastet? Oder für sexuelle Belästigungen, zum Beispiel am Arbeitsplatz, Blicke, Bemerkungen, Berührungen, Angrabschen?

Wie schlimm muss das dann erst bei einem sein, der auch noch pervers ist und auf Kinder steht!

Da kann sich unsereins auch einreden: „Ich kann ja nicht anders“ und „Die hat mich doch angemacht“ oder „Der ist doch immer zu mir ins Bett gekommen“ und dann „Was kann ich denn dann anderes machen als...?“ – Tatsache ist, dass JEDER Mensch anders kann. Jeder Mensch kann genau so, wie er das will. Sicher nicht vollkommen aber doch so weit, dass andere keinen Schaden nehmen und man selbst auch nicht.

Diese Rubrik soll sich mit Mitteln und Wegen beschäftigen, wie wir Impulskontrolle erlernen können und konkrete Beispiele aus persönlichen Erfahrungen der Schreiber anbieten. Zum ersten Punkt sollen spezielle Aspekte der Therapie an der Charité zusammengestellt und vorgestellt werden (Präventionsprojekt Dunkelfeld). Zum zweiten wollen wir aus unserem persönlichen Erleben schildern, wie Impulskontrolle für uns aussieht und wie es sich damit lebt.

Ich (Max) habe in meinem Vorstellungstext schon angemerkt, warum ich begonnen habe, mich an dieser Seite zu beteiligen: einmal, um mir verschiedene Dinge frei von der Seele schreiben zu können, und zum anderen, um nachfolgenden Generationen von Pädophilen eine Orientierung oder ein Zukunftsbild anzubieten, das ich nicht hatte, als ich selbst diesen Weg antrat. Ich habe es schmerzlich vermisst, da ich nicht wusste, wohin ich eigentlich aufbreche. Ich hatte als einzige Orientierung das Ziel, übergriffsfrei zu leben. Ob ich dabei glücklich werden würde – das habe ich gehofft und gebangt, aber ich habe nicht gewusst, wie es sein würde, meine Sexualität in dieser Form kennen zu lernen, zu beherrschen.

Ich hoffe, über die Zeit diese Rubrik Stück für Stück noch erweitern zu können. Und ich hoffe, dass auch andere ihre Erfahrungen zu diesem Thema beisteuern mögen.

Den Grundstock bilden zunächst einige Texte, die ursprünglich unter Pädo-Erfahrungen veröffentlicht wurden und die verschiedene Aspekte meines Erlebens sowie mein Vorgehen und Selbstbeobachtung schildern.

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Wie erlernt man Impulskontrolle?


Impulskontrolle I – Mit Schock zum Glück

Der Umgang mit Kindern ist für viele Pädophile ein schwieriger Balanceakt. Das gilt besonders, wenn es dabei zu körperlichen Berührungen kommt. Dieser Erlebnisbericht macht an einem konkreten Beispiel deutlich, welche inneren Konflikte in solchen Situationen entstehen können. Zeitlich ist er wenige Monate vor Ende meiner Therapie einzuordnen. Mir hat er gezeigt, wie schön ein Kontakt zu einem Kind sein kann, wenn ich sexuelle Gedanken ausblende, aber auch wie nah Glück und große Versuchung beieinanderliegen können.


Impulskontrolle II – Warnglocken nach Andrucor®

Nach dem Absetzen der medikamentösen Behandlung musste ich mich ganz auf meine Eigenverantwortung verlassen. Die Strategien (siehe unten) haben mir geholfen, mich in Kontakten zu Kindern allgemein richtig zu verhalten. Was meine Empfindungen angeht habe ich für mich ein „Drei-Stufen-Modell“ entwickelt, das mir hilft, mögliche Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen und einzuschätzen.


Impulskontrolle III – Das Mädchen auf der Couch

Ein Bericht über eine neue Situation, in der sich die an der Charité erlernten Strategien bewähren mussten: In geselliger Runde saß ich neben einem kleinen Mädchen auf der Couch und musste mit den ambivalenten Gefühlen fertig werden, die in mir hochkamen. Sie zeigt schön, wie aus einer schwierigen Situation schnell eine sehr schöne Erfahrung werden kann.


Meine Strategien gegen den Impuls

Meine „Strategien“ stellen ein Selbsthilfe-Programm dar, das ich für mich entwickelt habe. Es soll mir auch nach meiner Therapie an der Charité dabei helfen, Kontaktsituationen mit Kindern realistisch einzuschätzen und mögliche Gefahren zu erkennen. Ich habe diese Punkte ein halbes Jahr nach Ende der Therapie zusammengestellt, weil ich sah, dass meine bis dahin praktizierte Bewertung der Situation aus dem Moment heraus nicht ausreichte. Diese Strategien sind Merksätze die ich auswendig gelernt habe, um sie mir, falls nötig, in den Sinn zu rufen und mich an grundsätzliche Grenzen und Regeln zu erinnern.

aktualisiert: 07.11.2011