Warum wir Sex mit Kindern ablehnen
Niemand wird bestreiten, dass sexuelle Kontakte, die mit offener Gewalt oder durch massive Drohungen erzwungen werden, zu schwersten Folgeschäden und lang anhaltender Traumatisierung führen können. Das sollte keiner ausführlichen Begründung bedürfen. Was aber ist mit sexuellen Kontakten, denen ein Kind angeblich „freiwillig“ zugestimmt hat? Pädophile behaupten oft, solche „einvernehmlich“ zustande gekommen Kontakte würden zu keinen Schäden für die betroffen Kinder führen. Im Gegenteil: Sie würden sich sogar positiv auf die sexuelle Entwicklung des Kindes auswirken. Von dieser „liebevollen“ und „einvernehmlichen“ Sexualität“ würde das Kind genauso profitieren wie der Pädophile.
Der Begriff von der „einvernehmlichen Sexualität“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Pädophilie-Debatten. Sowohl bei den Befürwortern, als auch bei den Gegnern pädophiler Sexualkontakte bildet die Frage nach der Einvernehmlichkeit den Dreh- und Angelpunkt der jeweiligen Argumentation: die einen halten sie durchaus für möglich, die anderen für völlig unmöglich. Vielleicht ist es nicht ausgeschlossen, dass eine einvernehmliche Sexualität zwischen einem Kind am Beginn der Pubertät und einem Erwachsenen in besonderen Einzelfällen bestehen kann. Praktisch bleibt sie aber so gut wie ausgeschlossen, denn es handelt sich dabei um Ausnahmefälle, die gerade pubertierende Jugendliche betreffen. Von Pädophilen und Pädokriminellen werden sie dennoch gern als allgemein gültig hingestellt und auf Kinder allgemein erweitert. Einzelfälle können aber kein Grund sein, sexuelle Kontakte mit Kindern zu befürworten oder gar zu legalisieren. Es besteht immer das Risiko, das Kind in seiner gesunden Entwicklung nachhaltig zu schädigen. Dieses Risiko besteht auch dann, wenn der sexuelle Kontakt ohne offene Gewalt und ohne erkennbaren Zwang zustande kommt. Diese Aussage gilt in der Fachliteratur heute als gesichert.1) 2) Als praktische Handlungsrichtlinie ergibt sich daraus die Konsequenz, dass solche Kontakte ethisch nicht verantwortbar und deshalb kategorisch abzulehnen sind.3)
Natürlich gibt es auch Gegenstimmen: Pädosexualistische Kreise verweisen gern auf eine Studie, die der niederländische Sozialpsychologe Theo Sandfort in den 80er-Jahren vorgelegt hat. Demnach würden einvernehmliche sexuelle Kontakte nicht zwangsläufig zu Schäden bei den betroffenen Kindern führen, im Gegenteil: Sie könnten sogar als angenehm und positiv erlebt werden.4) Kritiker halten dem entgegen, dass Sandfort überwiegend Jugendliche untersucht habe, die erst nach Eintritt der Pubertät mit Pädophilen in Kontakt gekommen sind. Die Ergebnisse sind daher nicht auf Kinder vor der Pubertät übertragbar. Außerdem habe Sandfort nur mit sehr kleinen Fallzahlen gearbeitet, so dass auch von daher keine Verallgemeinerung zulässig sei.2) Dennoch gilt die Sandfort-Studie in pädosexualistischen Kreisen bis heute als wichtige Stütze, wenn es darum geht, für eine Legalisierung pädophiler Sexualkontakte einzutreten. Von der übergroßen Mehrheit der Sexualwissenschaftler werden sie darin aber nicht unterstützt.
Dass Kinder sexuelle Wesen sind, bestreitet heute niemand, darüber ist man sich in der Sexualforschung einig. Man kann aber nicht die Sexualität eines Kindes mit der eines Erwachsenen gleichsetzen, wie es viele Pädophile gern tun.1) Kinder und Erwachsene befinden sich sexuell und emotional auf ganz anderen Entwicklungsstufen. Vom Intellekt her können Kinder Begriffe wie „Sexualität“ oder „Geschlechtsverkehr“ sicher verstehen. Die gefühlsmäßigen Aspekte, die mit den Praktiken erwachsener Sexualität verbunden sind, können Kinder hingegen noch nicht verstehen und erfassen. Bei Kindern ist die sexuelle Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Sie steht größtenteils noch bevor. Das gilt sowohl für die körperliche Reife als auch für die psychosexuelle Identitätsfindung. Ein Kind im vorpubertären Alter oder am Beginn der Pubertät bringt ganz andere Voraussetzungen mit als ein Erwachsener, der bereits eine gefestigte sexuelle Identität besitzt.5)
Doch worin liegt überhaupt die Schädlichkeit pädosexueller Beziehungen begründet? Was macht sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen so problematisch – auch dann, wenn sie scheinbar einvernehmlich und gewaltlos verlaufen? Sexuelle Gewalt hat viele Gesichter und kann für die Kinder ganz unterschiedli8ch aussehen. Hier ein Zitat von der Internetseite des „Augen-Auf e.V.“:
„Welche Gewalt wird den Kindern von den Tätern angetan?
Das ist sehr unterschiedlich. Sexuelle Gewalt gegen Kinder kann (zunächst) vom Kind unbemerkt und (zunächst) ohne bedeutsame Schäden stattfinden und geht hin bis zum Tötungsdelikt. Häufig wird das Handeln der Täter allerdings [mit der Zeit] immer intensiver [...]“
(Quelle: augen-auf-heilung.de/Augen_Auf_e.V./Kinderpornographie_Augen_Auf_e.V..html)
Dieses breite Spektrum ist schwer zu erfassen. In der Fachliteratur finden sich eine ganze Reihe an Antworten, die sich auf einige Grundmuster zurückführen lassen. Wir haben sie einmal in unseren Worten beschrieben:
1) Konfrontation mit Erwachsenensexualität
Auch bei scheinbar einvernehmlichen pädophilen Kontakten wird das Kind mit den sexuellen Wünschen und Bedürfnissen des Erwachsenen konfrontiert, die es noch nicht verstehen kann. Kindern fehlt der Entwicklungsstand, um sich mit Erwachsenen auf gleicher Ebene über Sexualität verständigen zu können. Selbst wenn ein Kind „Ja“ sagt, weiß es letztendlich nicht, wozu es „Ja“ sagt und was dieses „Ja“ bedeutet. Kinder wünschen sich von Erwachsenen zwar Zuneigung und körperliche Zärtlichkeit, aber der entwicklungspsychologische Hintergrund ist ein anderer. Körperliche Intimitäten wie Streicheln oder Berührungen der Geschlechtsteile werden für das Kind, selbst wenn es einwilligt, immer eine andere Bedeutung haben als für den pädophilen Erwachsenen. Das Kind kann nicht wissen, was der Erwachsene für Beweggründe hat, wenn er dem Kind körperliche Nähe anbietet. Die Perspektive des pädophilen Erwachsenen bleibt ihm verschlossen, weil es sie – mangels entwicklungspsychologischer Voraussetzungen – nicht einnehmen kann.
Das Kind kann nicht überblicken, worauf es sich einlässt. Es kann auch nicht wissen, dass es mit Erlebnissen konfrontiert wird, die nicht seinem Entwicklungsstand entsprechen. Die sexuelle Gefühlswelt wird von einem Kind anders erlebt und eingeordnet als von einem Erwachsenen. Sexualpartner eines Erwachsenen zu sein ist eine Rolle, die ein Kind emotional überfordert. Das Kind wird mit Gegebenheiten konfrontiert, die es noch nicht überblicken und einordnen kann. Als Folge drohen Ängste und tief greifende Irritationen, die eine altersgemäße sexuelle Entwicklung behindern.2) 6) Das kann sich z.B. darin äußern, dass das Kind die sexuellen Verhaltensweisen des Erwachsenen imitiert (z.B. im Spiel mit anderen Kindern), ohne sie wirklich zu verstehen.7) Unbefangene Kontakte mit Gleichaltrigen sind oft nicht mehr möglich. Rückzug, soziale Isolation und Vereinsamung können die Folge sein.
Auch „einvernehmlich“ missbrauchte Kinder haben große Schwierigkeiten, ein unbefangenes Verhältnis zu ihrem Körper und ihrer Sexualität zu entwickeln. Ihre Kontakt- und Beziehungsfähigkeit bleibt oft bis ins Erwachsenenalter gestört. Durch die Grenzverletzung des Erwachsenen können sie auch kein altersgemäßes Schamgefühl entwickeln. Missbrauchte Kinder entwickeln kein Gespür für Nähe und Distanz, für Intimität und Abgrenzung, weil ihre eigene Abgrenzung überrannt wurde. Das kann z.B. zu einem auffallend distanzlosen Verhalten gegenüber anderen Erwachsenen führen, was auch die Anfälligkeit für weitere sexuelle Übergriffe erhöht.
2) Vertrauensmissbrauch
Gerade pädophile Täter bauen oft über längere Zeit ein Vertrauensverhältnis zum Kind auf, bevor sie ihre sexuellen Absichten offen legen. Oft suchen Pädophile gezielt nach Kindern, die zu Hause vernachlässigt werden.2) Diese Kinder sind unheimlich dankbar für jedes bisschen Zuwendung. Sie können aber nicht wissen, dass es dem Pädophilen in Wahrheit um etwas ganz bestimtes geht. Pädophile können unheimlich trickreich sein, wenn es darum geht, sich in das Vertrauen von Kindern einzuschleichen. Das geschieht oft auf emotionaler Ebene, z.B. indem sie ihnen Aufmerksamkeit und Zuwendung anbieten. Es kann aber auch auf materieller Ebene geschehen, wie etwa durch teure Geschenke, die ein Kind von den Eltern niemals bekommen würde.
Oftmals sind pädophile Täter sogar davon überzeugt, dem Kind etwas Gutes zu tun. Solche Leute sehen allerdings nur das, was sie sehen wollen: Wenn ein Kind kuscheln möchte und Körperkontakt sucht, dann interpretieren viele Pädophile das als ein angeblich sexuelles Bedürfnis. Natürlich sind Kinder anhänglich und suchen auch Körperkontakt, das hat aber nichts mit sexuellem Interesse zu tun. Ein pädophiler Erwachsener mag dabei aber ganz anders empfinden. Genau das können viele nicht auseinander halten. Es passiert dann leicht, dass alltägliche Verhaltensweisen von Kindern ganz anders interpretiert werden, als sie gemeint sind.2) Das Kind will einfach nur kuscheln oder liebevoll in den Arm genommen werden, für den Pädophilen geht es jedoch um etwas ganz anderes: Für ihn ist das Kuscheln in Wahrheit eine Art „Vorspiel“, in der Hoffnung, dass irgendwann vielleicht ein bisschen mehr daraus wird. Diesen Mechanismus kann das Kind nicht durchschauen. Arglos lässt es Dinge über sich ergehen, die es nicht begreifen kann. Da es nicht wissen kann, was mit ihm geschieht, kann es sich auch nicht rechtzeitig abgrenzen. In ganz kleinen, kaum merklichen Schritten kann der Erwachsene die Grenzen des Kindes immer weiter verlagern, ohne dass es dem Kind bewusst wird. Stück für Stück kann er jedes Mal ein bisschen weiter gehen. Diese gut getarnten, subtilen Grenzverletzungen können Kinder nicht durchschauen und so wird hier ihre Unbefangenheit, ihre Arglosigkeit und ihre Unerfahrenheit gezielt ausgenutzt.
Durch diesen Vertrauensmissbrauch kann das Grundvertrauen in andere Menschen nachhaltig gestört werden. Sexuell missbrauchte Kinder fühlen sich verlassen, verraten und enttäuscht.2) Sie haben oft große Schwierigkeiten, jemals wieder eine vertrauensvolle Bindung zu anderen Menschen einzugehen, die jahrzehntelang anhalten können. Die Kontakte zu anderen Menschen bleiben oft ein Leben lang von Angst und Misstrauen geprägt. Auch hier sind unterschiedliche psychische Folgeerkrankungen möglich, wie Depressionen, Einsamkeit und soziale Isolation.
3) Unterschwelliger Druck
Auch Pädophile, die keine Gewalt anwenden, haben etliche Möglichkeiten Druck auszuüben und zu manipulieren. Diesen unterschwelligen Beeinflussungen können sich Kinder kaum entziehen. Der Psychotherapeut Jürgen Lemke, der in Berlin mit pädosexuellen Straftätern arbeitet, beschreibt dieses Dilemma mit deutlichen Worten:
„Das hören wir immer wieder, dass die Kinder eigentlich den Freund oder Kumpel nicht verlieren wollen, aber dass sie das dann weiter dulden, weil sie wissen: Der Erwachsene unterbricht oder beendet die Beziehung, wenn sie sich nicht weiter sexuell auf ihn einlassen. Das ist eigentlich Erpressung.“
(Manfred Karremann: „Es geschieht am hellichten Tag die verborgene Welt der Pädophilen und wie wir unsere Kinder vor Missbrauch schützen“, Köln 2007, S. 27)
Der Vorwurf der „Erpressung“ mag hart erscheinen, aber auch ich glaube, dass viele Pädophile dem Kind eine unterschwellige Erwartungshaltung vermitteln, die nicht einmal offen ausgesprochen werden muss. Das Kind spürt diese Erwartungen sehr genau! Aus Angst, die Zuwendung des Pädophilen zu verlieren, geht es auf dessen Wünsche ein. In so einer emotionalen Zwangslage kann sich das Kind nicht mehr frei (sprich: „einvernehmlich“) entscheiden. Wo Pädophile gerne von „Einvernehmlichkeit“ sprechen, wird also in Wahrheit eine emotionale Abhängigkeit ausgenutzt, oder drastischer zugespitzt: Das (nicht-sexuelle) Bedürfnis des Kindes nach Zuwendung und Geborgenheit. Für das Kind eine extrem ambivalente Situation, die zur großen inneren Belastung werden kann.
Die Kinder fühlen sich hin- und hergerissen, zweifeln an ihren eigenen Gefühlen und ihrer Wahrnehmung. Um nicht völlig zu zerbrechen, klammern sie sich im Nachhinein oft an die schönen Erinnerungen. Viele Kinder wissen selbst nach Jahren noch nicht, ob sie den Pädophilen n ihrer Erinnerung als „Freund“ oder als „Kinderschänder“ sehen sollen.2) Solche Kinder haben es noch als Erwachsene schwer, ihren Gefühlen zu trauen und zu erkennen, wann sie von Anderen in ihren Grenzen verletzt werden.
4) Hilflosigkeit und Ohnmacht
Auch „einvernehmlich“ missbrauchte Kinder erleben im Nachhinein oft Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Aufgrund der subtilen Manipulation (vgl. Punkt 3) schaffen sie es nicht, sich gegen die sexuellen Übergriffe zu wehren, obwohl sie es insgeheim gerne möchten. Besonders für missbrauchte Jungen stellt dies ein großes Problem dar, denn sie legen sich ihre Wehrlosigkeit oft als „Schwäche“ und „Unmännlichkeit“ aus, denn: Ein Mann hat nach gängigen Klischees nicht schwach und wehrlos zu sein, sondern stark und mutig. Dazu kommt noch die Angst, möglicherweise selbst homosexuell zu sein, was ebenfalls zu tiefen Verunsicherungen im männlichen Selbstbild führt.2)
5) Schuldgefühle
Kinder, die sexuelle Erfahrungen mit Pädophilen haben, fühlen sich für diese Erlebnisse mitverantwortlich, denn die Motive des Erwachsenen können sie mit ihrem kindlichen Erfahrungshintergrund nicht nachvollziehen (vergl. Punkt 1). Darüber stehen sie in einer emotionalen Abhängigkeit zum Täter. Der Gedanke, dass ein erwachsener Mensch, auf dessen Zuwendung sie angewiesen sind, ihnen etwas Unrechtes tun könnte, ist für Kinder unerträglich. Als einzige Bewältigungsstrategie bleibt ihnen nur noch, die volle Verantwortung auf sich selbst zu nehmen, was im Nachhinein zu lang anhaltenden Gefühlen von Scham, Schuld und Selbstzweifeln führen kann.
Viele sexuell missbrauchte Kinder haben noch im Erwachsenenalter große Schwierigkeiten, unbefangene Beziehung einzugehen, da sie immer wieder an ihre früheren Scham- und Schuldgefühle erinnert werden. Viele Pädophile forcieren diese negativen Gefühle sogar noch ganz bewusst, indem sie dem Kind einreden, es habe doch den Sex gewollt und alles „freiwillig“ mitgemacht. Dies ist in Pädophilen-Kreisen eine gängige Methode, um Kinder zum Schweigen zu bringen.8) Dieses (oftmals erzwungene) Schweigen bedeutet für die Kinder ebenfalls eine große Belastung.
6) Ambivalenzbotschaften
Jedes Kind ist auf die Liebe und Zuwendung von erwachsenen Bezugspersonen existenziell angewiesen. Bekommt es diese Zuwendung nicht in der eigenen Familie, dann sucht es woanders nach Anerkennung. Aus diesem Grund sind emotional vernachlässigte Kinder anfälliger für die Annäherungsversuche von Pädophilen. Nun greift wieder das oben beschriebene Dilemma, denn die Zuwendung des Pädophilen haben sie nur so lange sicher, wie sie sich auf seine sexuellen Wünsche einlassen. Dadurch bekommen sie ein völlig verzerrtes Bild von Sexualität vermittelt. Missbrauchte Kinder glauben oft, Sexualität sei die einzige Möglichkeit, Liebe und Zuwendung auszudrücken.2) Dies kann später zu einer Überbewertung von Sexualität führen; zu einem promiskuitiven Lebensstil mit kurzen Beziehungen und häufigem Partnerwechsel. Viele missbrauchte Kinder können keine stabilen und dauerhaften Beziehungen mehr eingehen.
Diese Ambivalenz (Anerkennung und Zuwendung nur gegen Sex) kann sogar dazu führen, dass sexuell missbrauchte Kinder auch anderen Erwachsenen gegenüber ein (scheinbares) sexuelles Interesse signalisieren – weil sie gelernt haben, dass sie auf diese Weise Aufmerksamkeit und Zuwendung bekommen.7) Manche Pädophile suchen sogar gezielt nach Kindern, die schon vorher missbraucht worden sind, da solche Kinder oft sehr bereitwillig auf die sexuellen Wünsche des Täter eingehen.2) Mit echter Freiwilligkeit hat ein solches Verhalten nichts zu tun! Es ist lediglich die verzweifelte Hoffnung sexuell vortraumatisierter Kinder, die sich auf diese Weise ein kleines Stücken Liebe und Zuwendung „erkaufen“ wollen. Genau dieses Verzweiflungsverhalten wird von den Pädophilen dann als „Einvernehmlichkeit“ und „gegenseitige Liebe“ dargestellt, um ein vorher schon missbrauchtes Kind ein zweites Mal zu „benutzen“! – Eine ganz besonders perfide Masche.
Sexuell missbrauchte Kinder sollen auch ein erhöhtes Risiko haben, später in die Prostitution abzugleiten, da sie Sexualität nur als „Dienstleistung“ bzw. als „Tauschgeschäft“ kennen gelernt haben. Es gibt Untersuchungen, nach denen 60-70% aller Prostituierten als Kind sexuell missbraucht worden sind.9) Für einen Teil der missbrauchten Frauen ist die Prostitution (Macht über die Freier) eine Möglichkeit, die Kontrolle über ihre eigene Sexualität zurückzugewinnen, die sie durch den Missbrauch als Kind verloren haben.
7) Das Kind als „Wegwerfware“
Eine pädophile Beziehung ist, sofern die überhaupt funktioniert, naturgemäß nur von kurzer Dauer. Nach einigen Jahren kommt das Kind in die Pubertät und wird für den Pädophilen unattraktiv. Einige Pädophile führen den Kontakt zwar auf platonischer Ebene weiter10), viele beenden aber auch die Beziehung und wenden sich jüngeren Kindern zu. Das Kind erkennt plötzlich, dass das Interesse nicht ihm als Person galt, sondern nur seinem kindlichen Körper. Es fühlt sich umso mehr verraten, missbraucht und ausgenutzt. Was das für das Selbstwertgefühl eines pubertierenden Jugendlichen bedeutet, kann man sich kaum vorstellen!
Der Pädophile weiß um dieses unausweichliche Ende, das Kind weiß es nicht. Auch ein klares Argument gegen die vermeintliche Einvernehmlichkeit, denn Einvernehmlichkeit setzt Offenheit und Transparenz voraus. Stattdessen wird dem Kind eine dauerhafte „Liebe“ suggeriert, die es niemals geben wird. Wer ein Kind wirklich liebt, sollte sich auf eine solche Beziehung gar nicht erst einlassen, denn die Enttäuschung ist unausweichlich vorprogrammiert. Ein Kind bewusst in so eine Situation hineinzumanövrieren, hat mit echter Liebe nichts zu tun. Es ist ein reines Ausnutzen: Das Kind als „Wegwerfprodukt“, das früher oder später fallen gelassen wird.
Aus all diesen Aspekten ergibt sich, dass es die von vielen Pädophilen propagierte „Einvernehmlichkeit“ mit Kindern nicht in der Wirklichkeit gibt. Es handelt es sich um naives Wunschdenken oder – wahrscheinlich genauso häufig – um eine bloße Schutzbehauptung, um Straftaten zu legitimieren, deren Verwerflichkeit den Tätern sehr wohl bewusst ist. An einem lassen die empirischen Daten keinen Zweifel: Jeder sexuelle Kontakt zwischen Kindern und Erwachsenen birgt immer das Risiko einer bleibenden Schädigung für das Kind. Das gilt auch für Kontakte, die scheinbar „einvernehmlich“ zustande gekommen sind, auch wenn Pädophile das oft anders sehen. Natürlich kann man sich in der Theorie immer eine hypothetische Situation ausdenken, in der ein solcher Kontakt vielleicht ohne negative Folgen bliebe. Für die Praxis bleiben solche Überlegungen aber belanglos; hier gibt es keinen Unterschied zwischen „einvernehmlicher“ Sexualität und sexuellem Missbrauch.
Daraus ergibt sich auch, dass eine Legalisierung pädophiler Sexualkontakte schlussendlich nicht verantwortbar wäre. Die derzeitigen Schutzgesetze erscheinen uns auch zukünftig als angemessen und notwendig, insbesondere den § 176 StGB stellen wir nicht in Frage. Wer Kinder liebt, lässt ihnen ihre altersentsprechende Entwicklung. Nicht aus Angst vor Strafe, sondern aus Achtung vor dem Kind – und auch letztendlich auch aus Achtung vor sich selbst, denn wir sind sicher: Wer sich an Kindern vergeht, wird weder Glück noch Erfüllung noch wirkliche Zufriedenheit finden. Diese Erkenntnis ist für uns die Grundlage jeder seriösen Pädophilen-Selbsthilfe.
Literatur:
1) Schmidt G: „Über die Tragik pädophiler Männer“, Zeitschrift für Sexualforschung Nr.2/99
2) Bange D. (2007): „Sexueller Missbrauch an Jungen. Die Mauer des Schweigens“, Göttingen 2007
3) Ahlers Ch. J., Schaefer G. A., Beier K. M. (2005): „Das Spektrum der Sexualstörungen und ihre Klassifizierbarkeit in DSM-IV und ICD-10.“, Sexuologie 12 (3/4)
4) Sandfort, Th: „Pädophile Erlebnisse: Aus einer Untersuchung der Reichsuniversität Utrecht über Sexualität in pädophilen Beziehungen“, Braunschweig 1986
5) Martin Dannacker in: Sigusch V. (Hrsg.): „Sexuelle Störungen und ihre Behandlung“, Stuttgart 2006
6) Hertha Richter-Appelt in: Sigusch V. (Hrsg.): „Sexuelle Störungen und ihre Behandlung“, Stuttgart 2006
7) Deegener G. (2005) „Kindesmissbrauch. Erkennen, helfen, vorbeugen.“ 4. Auflage, Weinheim u. Basel 2009
8) Karremann M. (2007): „Es geschieht am hellichten Tag – die verborgene Welt der Pädophilen und wie wir unsere Kinder vor Missbrauch schützen“, Köln 2007
9) Thomas S. (2004): „Zuflucht Gefängnis ‒ Junge Frauen mit Kindern im Strafvollzug“, Münster 2004
10) Becker S.: „Pädophilie zwischen Dämonisierung und Verharmlosung„, Werkblatt – Zeitschrift für Psychoanalyse und Gesellschaftskritik, Nr. 38, 1/97