Urlaub in Albanien
von Thomas
Ich bin zwei Wochen mit meiner Freundin mit dem Rucksack durch Albanien gereist. Das ist wirklich kein einfaches Reiseland, zum Beispiel gibt's immer zwischen Zwölf und Fünf Uhr, manchmal bis abends um Acht keinen Strom und kein Wasser. Dafür sind die Albaner wirklich sehr nette, aber etwas gewöhnungsbedürftige Leute, Südländer halt, und sie haben eine wirklich entsetzliche Diktatur hinter sich. Im Süden haben wir echte Traumstrände entdeckt.
Es gab zwei kleine glückliche Momente für mich und meine pädophilen Gefühle. Im Ort Berati wohnten wir in einem für die dortigen Verhältnisse wirklich sehr teuren Hotel. Vor der Tür warteten immer ein paar Roma-Kinder auf eine kleine Spende. Ich kann an so Leuten, besonders an Kindern, einfach nicht vorbeigehen, ohne ihnen was zu geben. Einmal bin ich allein in die Stadt gegangen, da kam ein etwa 8-jähriges Mädchen zu mir und hielt die Hand auf. Ich gab ihr eine Münze. Sie aber verlangte mehr, also gab ich ihr noch eine. Dann hatte ich kein Kleingeld mehr. Ich habe versucht, ihr das zu erklären, aber dafür reichen meine drei Brocken albanisch nicht, und italienisch oder englisch sprach sie nicht. Also liefen wir gemeinsam über den Platz und sie ließ nicht locker. Da hab ich mich zu ihr gedreht und ihr auf deutsch erklärt, dass ich jetzt in die Stadt gehe, einkaufen, und dann wieder Kleingeld habe, dazu habe ich mit Händen und Füßen gezeigt, was ich sagte. (Ich bin der Meinung, diese Menschen sollten nicht betteln müssen, sie haben ein Recht darauf, dass wir Reichen ihnen was abgeben.) Und siehe da, sie hat mich verstanden und mit einer unheimlich süßen Geste schickte sie mich los.
Eine Viertelstunde später kam sie mir dann freudestrahlend entgegen. Ich drückte ihr noch eine Münze in die Hand, so dass ich ihr insgesamt etwa umgerechnet einen Euro gegeben hatte. Sie war zufrieden und lief neben mir her. Da dachte ich mir: Ich will für dieses Mädchen nicht nur irgendein Geldgeber sein, also sagte ich auf albanisch: „Ich heiße Thomas, ich bin aus Deutschland!“ Sie lächelte mich an und sagte: „Ich heiße Marinella und bin aus Berati. Auf Wiedersehen!“ Dann lief sie davon. Als wir zwei tage später abreisten, kam sie wieder zu uns und rief: „Hallo!“ Ich schenkte ihr eine Tüte Gummibärchen und sagte: „Auf Wiedersehen!“ Da sagte sie zu mir: „Kam shok!“ Das heißt: „Ich habe einen Freund!“ Ich habe wirklich in mich hineingelächelt.
Mir ist klar, dass das keine einfache Situation ist. Warum bettelt dieses Mädchen, und wie verhält man sich richtig? Ich beanspruche kein moralisches Richtigsein meiner Handlung, aber ich glaube auch nicht, dass ich eine Machtposition ausgenutzt habe. Wie hätte ich ihr erklären sollen, dass sie besser zur schule gehen sollte oder so was. Zwei Jungs, die mit ihr bettelten, haben uns später immer unsere Taschen ins Hotel getragen, und zwar ohne dafür noch etwas zu verlangen, wahrscheinlich einfach nur, weil wir zwei ausländische Touristen waren, die sie mal nicht weggejagt haben oder den Hotelportier gerufen haben, um das zu tun. Ich zumindest habe immer darauf geachtet, genug Kleingeld bei mir zu haben, um allen etwas geben zu können.
Einige Tage vorher haben wir in einer Pension am Meer eine albanische Familie kennen gelernt, die in London lebte. Als wir uns mit den Eltern unterhielten, kamen auch die drei Kinder an, und das war richtig schön. Die drei haben mich sehr an mich selbst als Kind erinnert: Sie waren total aufgeschlossen und zeigten uns ihre Bücher, ganz stolz, und wollten viel über uns wissen. Die 9-jährige Celine präsentierte mir stolz ihre Japanischkenntnisse (Ich spreche auch ein bisschen japanisch). Und als wir einige Tage später abreisten, gab sie uns beiden die Hand und dicke Tränen rannen an ihrem Gesicht herab, weil wir gingen. Ich war beeindruckt von dieser Offenheit und Tiefe ihrer Gefühle.
Das Schöne ist: In diesen Situationen habe ich nie auch nur daran gedacht, irgendeine Grenze zu überschreiten, ganz im Gegenteil. Es war ein schönes Gefühl, diese Kinder respektvoll und aufmerksam zu behandeln und ihnen innerlich alles Gute für ihr Leben zu wünschen.
© 2007 Thomas