Montag, 22.10.2018

Das Problem Kinderpornographie

von Marco

 

Kinderpornographie richtet sich speziell an Menschen mit pädophilen Neigungen. Bei ihrer Vermarktung macht man sich die sexuellen Bedürfnisse pädophiler Menschen gezielt zu Nutze, um damit Gewinn zu erwirtschaften. Für die Produzenten solcher Bilder (die selbst nicht pädophil sein müssen) ist oft nur eine simple Kosten-Nutzen-Rechnung, das Schicksal eines Kindes bedeutet ihnen nichts. Dieses eiskalte strategische Kalkül ist einer der Gründe, warum Kinderpornographie nicht weniger geächtet ist als die eigenhändige sexuelle Gewalt.  

Doch nicht immer wird Kinderpornographie kommerziell vermarktet. Einige Pädophile verfügen über die technische Ausrüstung, sich derartige Bilder und Filme selbst herzustellen. Dazu suchen sie auch gezielt den Kontakt zu Kindern, die sich teils auf spielerische Weise, teils durch Drohungen und Erpressungen zur Mitwirkung bewegen. Mit ihrem selbst erstellten Bildern organisieren sie sich dann zu regelrechten „Tauschbörsen“, in denen sie ihrer Erzeugnisse untereinander austauschen, so das immer wieder für „Abwechlsung“ gesorgt ist. Nicht selten finden derartige Delikte auch in der eigenen Familie statt (z. B. durch pädophile Stiefväter), was für die betroffenen Kinder besonders traumatisch ist, da sie durch den familiären Kontext keine Möglichkeit haben, der Situation zu entfliehen. 

Die Verbreitung von Kinderpornographie findet heute größtenteils übers Internet statt. Nach Zahlen der „Internet Watch Foundation“ (IWF) soll es im Jahr 2008 weltweit insgesamt 1536 Websites mit kinderpornographischen Inhalten gegegeben haben.1) Dies sei zwar eine Abnahme von rund 10% gegenüber dem Vorjahr (im Vergleich zu 2006 sogar eine Abnahme von 21%), dafür sei der Anteil insbesonder an harter Kinderpornographie (Vergewaltigungen, Folterungen etc.) mit 58% immer noch erschreckend hoch. Die Zahlen der IWF erfassen allerdings nur die auf Websiten verbreitete Kinderpornographie, nicht die auf anderen Wegen (z. B. in Chats oder geschlossenen Benutzergruppen) in Umlauf gebrachten kinderpornographsichen Erzeugnisse. Hier gilt die Dunkelziffer als extrem hoch. In Deutschland wurden nach Angaben des BKA für 2007 fast 12.000 Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornographie bekannt, darunter fast 9.000 Fälle von Besitz bzw. Beschaffung.2)  


Was ist Kinderpornographie? 

Als Kinderpornographie gelten pornografische Darstellungen, die den sexuellen Missbrauch von unter 14-Jährigen zeigen.3) Eine Defintion, die in der Rechtssprechung vergleichsweise eng ausgelegt wird. Abbildungen von nackten Kindern (z. B. FKK-Bilder) gelten nicht als Kinderpornographie, solange nicht die Darstellung der Geschlechtsteile in den Vordergrund gerückt wird. Kinderpornographische Darstellungen müssen einen Handlungsablauf wiedergeben, der nach § 176 StGB (sexueller Missbrauch von Kindern) strafbar ist. Es muss der sexuelle Missbrauch eines Kindes durch einen Erwachsenen zu sehen, also gewissermaßen „dokumentiert“ sein. Auch Bilder, auf denen Kinder sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen, (also z. B. onanieren) gelten rechtlich gesehen als Kinderpornographie.3) 

Als kinderpornographische Schriften gelten nach § 184b nicht nur Bilder und Filmmaterial, die ein reales geschehen wiedergeben, sondern auch Computeranimationen, die ein „wirklichkeitsnahes Geschehen“ abbilden (siehe: Virtuelle Welten). Die Strafbarkeit solcher Darstellungen ist nicht unumstritten, schließlich kommen dabei keine realen Kinder zu Schaden. Die Begründung für die Strafbarkeit lautet, dass hier Straftaten verherrlicht werden. Außerdem befürchtet man einen Nachahmungseffekt auf Menschen mit pädophilen Neigungen. Sogar Zeichnungen (z. B. Comics) oder reine Textwerke können unter das Verbot der Kinderpornographie fallen, wenn dort sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen in allzu freizügiger Weise geschildert werden.  

Die Bandbreite an Kinderbildern, die Pädophile zur sexuellen Stimulation benutzen, ist groß und beschränkt sich längst nicht nur auf Kinderpronographie im engeren Sinn. Sie reicht von harmlosen Kinderaufnahmen (z. B. aus Zeitschriften oder Katalogen) bis zur fotografischen Dokumentation schwerster Gewaltdarstellungen, bei denen Kindern brutal gequält und misshandelt werden. Die US-amerikanischen Psychologen Taylor, Holland und Quayle haben eine Typologie entwickelt (Typology of Paedophile Picture Collections) 4), mit dem sich sexuell erregende Kinderbilder in 10 verschiedene Kategorien einteilen lassen: 

1.) Indikative Darstellungen („Indicative“) 

Hiermit sind Kinderbilder gemeint, die in Alltagssituationen ohne sexuellen Hintergund entstanden sind, z. B. Bilder von Kindern in Badebekleidung oder in Unterwäsche, wie man sie in Zeitschriften, Modekatalogen oder Familienalben findet. 

2.) Nacktbilder („Nudist“) 

Bilder von vollständig unbekleideteten Kinder aus legalen Quellen, z. B. FKK-Katalogen. 

3.) Erotikdarstellungen („Erotica“) 

Hiermit sind Bilder von nackten oder weitgehend unbekleideten Kindern gemeint, die in sicherer Umgebung wie Spielplätzen oder Schwimmbädern enstanden sind sind. Im Gegensatz zu Bildern der Kategorien 1 und 2 wurde diese jedoch heimlich aufgenommen und mit der eindeutigen Absicht, dass Erwachsene sich sexuell daran erregen.  

4.) Posingbilder („Posing“) 

Vorsätzlich enstandende Bilder von vollständig bekleideten, teilweise bekleidetet und unbekleideten Kindern. Die Art und Weise, wie die Kinder vor der Kamera posieren, lässt erkennen oder zumindest erahnen, dass die Bilder zur sexuellen Erregung angefertigt wurden.

 5.) Erotisches Posing („Erotic posing“) 

Vorsätzlich entstandene Bilder von vollständig bekleideten, teilweise bekleidetet und unbekleideten Kindern, die in einer provokativ-sexuellen Weise (z. B. mit weit gespreizten Beinen) vor der Kamera posieren, wie sie für Kinder in ihrem alltäflichen Lebensumfeld nicht altersgemäß ist. 

6.) Explizit erotisches Posing („Explicit erotic posing“) 

Vorsätzlich entstandene Bilder von ganz oder vollständig entkleideten Kindern mit bewusster Zurschaustellung der Genitalien. 

7.) Darstellung sexueller Aktivität („Sexual activity“) 

Bilder von Kindern, die sexuelle Handlungen an sich selbst vornehmen (z. B. Selbstbefriedigung) oder mit anderen Kindern sexuell interagieren. 

8.) Darstellung sexueller Übergriffe („Assault“) 

Hier sind sexuelle Aktivitäten (z. B. Berührungen im Genitalbereich) zwischen Kindern und Erwachsenen zu sehen. 

9.) Darstellung schwerer sexueller Übergriffe („Gros assault“) 

Diese Bilder zeigen Kinder bei sexuellen Handlungen mit Erwachsenen in Form von sexueller Pentration wie Oralverkehr, Vaginalverkehr und Analverkehr.  

10.) Darstellung sadistischer und brutaler Übergriffe („Sadistic/bestiality“) 

Hier handelt es sich um die Darstellungen sadistisch-sexueller Gewalt an Kindern (z. B. Fesseln, Auspeitschen, bewusstes Zufügen von Schmerzen) durch Erwachsene. Auch die Abbildung sexueller Aktivitäten zwischen Kindern und Tieren gehört in diese Kategorie. 


Wie ist die Rechtslage? 

Kinderpornographie gilt als eine Form von sexuellem Missbrauch. Nicht nur die Herstellung, sondern auch der Erwerb, der Besitz, der Handel und die Verbreitung von kinderpornographischem Material sind streng verboten. Der § 184b StGB sieht hierfür einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Bilder ab Kategorie 4 auf der Skala nach Taylor/Holland/Quayle sind nach deutschem Recht als Kinderpornographie strafbar. Bildmaterial der Stufen 4 bis 6 (Posingbilder, erotischens und expolizit erotisches Posing) war nach deutscher Rechtssprechung lange Zeit straffrei. Erst im Jahr 2008 wurde der § 176 (sexueller Missbrauch von Kindern) um einen entscheidenden Passus ergänzt. Nach § 184, Abs. 4, Satz 2 wird nun bestraft, wer: 

ein Kind dazu bestimmt, daß es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach Absatz 1 oder 2 mit Strafe bedroht ist.“  

Dieser neu eingefügte Satz ist in seiner Formulierung zwar sehr unspezifisch, zielt aber darauf ab, sexuelle Handlungen unter Strafe zu stellen, die nicht mit einer körperlichen Berührung verbunden sind. Damit ist es nun möglich, das erotisch-sexuelle Posing von Kindern als „berührungsfreie“ sexuelle Handlung zu ahnden. Als Folge seiher auch sind Bilder der Stufen 4 bis 6 nach § 184b als Kinderpronographie strafbar, denn dieser Paragraph umfasst alle medialen Darstellungen, die ein Geschehen oder einen Handlungsablauf nach § 176 wiedergeben. Diese Gesetzesverschärfung geht auf einem EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2003 zurück, der für alle Mitgliedstaaten verpflichtend ist und die Strafbarkeit von Posing-Bildern ausdrücklich vorschreibt. 

Ich finde diese jüngste Gesetzesänderung sehr begrüßenswert, denn dadurch wird es den Strafverfolungsbehörden noch besser möglich, effektiver gegen Bildmaterial vorzugehen, das bislang unter eine rechtliche Grauzone fiel. Wer jemals Beispiele von Posing-Fotos gesehen hat, der weiß, dass solche Bilder absolut nicht kindgerecht sind. Ich habe Bilder gesehen, auf denen 6 - 12-jährige Mädchen in einer lolitamäßigen Art und Weise abgelichtet werden, die nicht altersgemäß ist und die eindeutig dazu dient, dass andere Menschen sich daran erregen. Wenn solche Bilder dann auch noch Namen tragen wie „Child-Porn“, dann ist es mehr als offensichtlich, welche Absicht dahinter steckt, nämlich das bewusste Ausnutzen einer rechtlichen Grauzone. Solche Aufnahmen waren zwar lange Zeit legal, aber es handelte sich trotzdem um die gezielte Vermarktung von Kindern zu sexuellen Zwecken. 

Ganz davon abgesehen, dass man die Kinder bestimmt nicht gefragt hat, ob sie mit einer derartigen Verwendung ihrer Bilder einverstanden waren. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass Kinder wirklich freiwillig bei solchen Inszenierungen mitmachen, denn die Art und Weise, wie sie dort teilweise in Szene gesetzt werden, passt nicht zur natürlichen Ausdrucksweise von Kindern. Man darf auch nicht vergessen, dass auch die vergleichsweise harmlosen Bilder bei vielen Pädophilen sehr schnell die Lust wecken nach mehr. Bei andauerndem Konsum kann sich die eigene Reizschwelle schnell verschieben. Das wissen auch die Vertreiber, und genau darauf spekulieren sie: Mit ein paar relativ harmlosen Bildern soll ganz gezielt die Lust nach härterem Material geweckt werden. So ködert man neue „Kunden“ und sichert sich seine Absatzmärkte. Deshalb ist es gut, dass auch die vormals legalen Posing-Bilder jetzt in einen Strafbarkeitsbereich fallen, der eine rechtliche Handhabe zulässt. 

Noch sehr neu ist der Straftatbestand der Jugendpornographie, der seit Ende 2008 durch den § 184e StGB abgedeckt wird. Als Jugendpornographie gelten ‒ in Analogie zur Kinderpornographie ‒ alle pornographischen Erzeugnisse, die sexuelle Handlungen von, mit oder vor Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren zeigen. In Deutschland waren jugendpornographische Bilder bis zur Gesetzesverschärfung von 2008 straffrei. Seither werden Erwerb, Besitz, Handel und Verbreitung jugendpornographischer Schriften nach §184e mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. 


Quellen: 

1) Internet Watch Foundation: „Annual and Charity Report 2008“ 

2) Polizeiliche Kriminalstatistik, BKA, Wiesbaden 2008 

3) Polizei-Beratung

4) Taylor M, Holland G, Quayle E.: „Typology of Paedophile Picture Collections“. The Police Journal, 2001, 74 (2) S. 97-107.

aktualisiert: 11.12.2011