Fragensturm
von Max
Darf ich auf die Kleine achten, dort schräg hinter mir im Zug?
Das Mädchen auf dem nächsten Vierer,
blond mit Mutter bei der Hand?
Sie spricht russisch – sprech’ ich auch!
Gerne würde ich sie sehen,
ihr Lächeln, Lachen, Rumhantieren,
doch von hier aus bleibt nur Hören.
Wieso hab ich diesen Platz genommen?
Bei ihr schien doch genauso frei wie dieser,
als ich nur die Mutter sah und nicht das Kind!
Werde ich noch immer so kaputt sein, wenn ich meine Nichten treffe?
Oder endet alles, wenn ich da bin?
Wie schon oft: verrückt, verzweifelt,
voller Angst, und teils auch Hass.
Die Fahrt voll Zittern, Bangen, Beten, Zagen,
und bin ich da, ist all das fort –
gar Segen, Ruhe, Freudentränen dort.
Wieso bang’ ich überhaupt? Ist das nicht alles Quatsch?
Leider nein; es ist Gefühl zumindest, und hat Kraft.
Wie besiege ich die Angst, den Sturm zuvor?
Oder ist Sie nützlich, hilft Er doch?
Letztendlich über sieben Ecken?
Ich weiß es nicht und hasse beide,
haben sie mich doch schon manchmal auch fast umgebracht.
Doch: „Was nicht umbringt, das macht stärker“,
sagt ein hundsgemeines Sprichwort, denn:
Woher vorher wissen, dass Ersteres nicht diesmal klappt?
Und wenn sie schwinden: Was ist das dann?
Vertrauen? Beherrschung? Liebe? Segen?
Dass sie meist von selber geh'n?
Was ist Trug und was ist echt?
Wie krieg ich Kraft, die Kraft zu sehen,
ohne Schwächen dabei zu übergehen?!
Sollt' ich besser weg von Kindern?
Wie ich das bräuchte ist's kaum möglich.
Dafür schmerzt es umso mehr,
als es Sturm und Angst zusammen tun.
Und es hilft nicht auf die Dauer,
weil ihre Nähe mir doch fehlt.
Zugleich zerreißt’s mich, sie zu suchen,
weil der Sturm mich erst verweht,
eh’ ich Ruhe finde zu mir selber,
dass ich doch Ich Selbst noch bin.
Rote Ringelsocken hat sie an und steigt jetzt vor mir aus dem Zug.
Schon sind sie die Treppe rauf,
und aus meiner Welt entschwunden.
So vieles kann ich, was kaum and’re schaffen –
nur was diese andern alle haben,
gerade das gelingt mir nicht…
Max
© 2009