Jugendtrainer gesteht pädophile Neigungen
von Marco
28. April 2008: Einen etwas kuriosen anmutenden Fall fand ich neulich in der „Augsburger Allgemeinen“. Dort wurde über einen pädophilen Jugendtrainer berichtet, der sich vor Gericht verantworten musste. Nicht etwa wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, wie man vermuten würde, sondern wegen Autodiebstahls:
Jugendtrainer gesteht pädophile Neigungen
Während der Verhandlung outete sich der Angeklagte ganz unerwartet als pädophil, was den eigentlichen Anklagepunkt vorübergehend in den Hintergrund treten ließ. Er stehe auf kleine Jungs, missbraucht habe er sie aber noch nie. Daraufhin wurde ein Gutachter hinzugezogen, der dem Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit bescheinigte. Auch das Gericht wertete die Autodiebstähle schließlich als den „Hilferuf eines krankhaft veranlagten Mannes“ und wies den Täter auf eigenen Wunsch in die Psychiatrie ein. Ein Verfahrensausgang, der bei mir einen leicht zwiespältigen Nachgeschmack hinterließ. Die individuelle Situation des Angeklagten muss zwar immer in das Urteil mit einbezogen werden, aber trotzdem drängt sich hier die Frage auf, ob es denn bei einem Autodiebstahl überhaupt eine Rolle spielt, was der Täter für sexuelle Vorlieben hat. Natürlich ist es außerordentlich mutig und anerkennenswert, dass der Mann sich während der Verhandlung als pädophil geoutet hat, aber ist das für die Bewertung der Tat wirklich von so nachhaltiger Bedeutung? Klar, bei einem Sexualdelikt muss man nach der sexuellen Präferenz des Täters fragen und sie in die Bewertung mit einbeziehen, aber bei einem Eigentumsdelikt?
Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Autodiebstählen und der pädophilen Ausrichtung erschließt sich mir aus der Berichterstattung nicht. Sicher, der Fall hat etwas Rührselig-Tragisches: Da ist der pädophile Jugendtrainer, der genau weiß, dass er seine Sexualität niemals ausleben darf. Sein einziger Trost ist wahrscheinlich der freundschaftliche Umgang mit den Jungs auf dem Fußballplatz. Doch für diesen Job braucht er ein Auto. Da er sich keins leisten kann und und auch keinen Führerschein mehr besitzt, stiehlt er eins. Aber kann diese durchaus nachvollziehbare Tragik eine Entschuldigung sein? Professor Beier von der Charité sagte einst in einem Interview:
„Wer einen sexuellen Übergriff auf ein Kind begeht, gehört bestraft. Das muss man ganz klar unterscheiden. Das Motto muss also lauten: Keine Diskriminierung der Neigung, aber Diskriminierung des Verhaltens.“
(Quelle: Avinus-Magazin)
Das heißt im Klartext: Pädophile können zwar nichts für ihre sexuelle Ausrichtung, aber trotzdem darf es für sie keine gesetzlichen Sonderregelungen geben; sie haben sich genauso an unsere Rechtsordnung zu halten wie jeder Andere auch. Wenn man diesen Gedanken konsequent zu Ende denkt, dann darf das nicht nur für Sexualstraftaten gelten, sondern für jede Art von strafrechtlicher Verfehlung. Eine pädophile Ausrichtung (und die damit verbundene innere Not) kann also auch keine Entschuldigung sei, wenn jemand ein Auto klaut. Das Gericht sah es am Ende genauso und verurteilte den Mann – trotz Einweisung in die Psychiatrie – zu dreieinhalb Jahren Haft. Nicht, dass ich für eine gnadenlos harte Justiz wäre, aber ich sehe es wie Prof. Beier: Für Pädophile müssen die gleichen Maßstäbe gelten wie für alle anderen auch, und zwar in jeder Hinsicht.
In der Praxis sind wir davon noch weit entfernt. Das größte Problem besteht immer noch darin, dass eine pädophile Ausrichtung völlig gedankenlos mit sexuellem Missbrauch gleichgesetzt wird, was zu viel ungerechtfertigter Diskriminierung führt. Damit einher geht oft die Sichtweise vom Pädophilen als unzurechnungsfähigem Psychopathen, der nicht voll für seine Taten verantwortlich ist – und dem man diese Verantwortung auch nicht zutraut. Da würde es mich nicht wundern, wenn im Extremfall selbst ein pädophiler Autodieb anders behandelt wird als einer, der diese Ausrichtung nicht hat. Ob es im vorliegenden Fall einen solchen „Pädophilenbonus“ gegeben hat, möchte ich nicht beurteilen, aber es fällt schon auf, welch breiter Raum dem unerwarteten Outing beigemessen wurde. Es ist jedenfalls alles andere als selbstverständlich, dass die sexuelle Präferenz eines Autodiebes in der Urteilsbegründung auftaucht.
Autodiebstahl bleibt Autodiebstahl und hat einzig als solcher betrachtet zu werden, da darf es es nicht die geringste Rolle spielen, ob der Täter heterosexuell, homosexuell oder meinetwegen auch pädophil ist. Es kann sein, dass der Mann tatsächlich vermindert schuldfähig war, aber ganz bestimmt nicht wegen seiner pädophilen Ausrichtung, sondern wegen anderer psychischer Probleme. Eine wie auch immer geartete Sonderbehandlung pädophiler Menschen kann jedenfalls nicht im Sinne einer wirklichen Gleichberechtigung sein.
Etwas Gutes hatte der Fall am Ende aber wohl doch: Hätte der Mann nicht wegen der Autodiebstähle vor Gericht gestanden, hätte er sich wohl auch niemals als pädophil geoutet – und niemals Hilfe bekommen. Insofern hat das Gericht sicher Recht, wenn es die Autodiebstähle als „Hilferuf eines krankhaft veranlagten Mannes“ wertet, was aber trotzdem keine Entschuldigung sein kann. Fraglich bleibt auch, ob dem Mann die Einweisung in die allgemeine Psychiatrie wirklich hilft, denn dort ist man zuständig für die Behandlung der klassischen psychiatrischen Krankheitsbilder wie Schizophrenie oder Depressionen. Wegen seiner Pädophilie benötigt der Mann eine Spezialbehandlung, die er nur in speziellen Fachinstituten bekommt.